Frauenleben

Du bist die Tochter vo an bravm und biederen Herrn,
dei erste Welt war des rosa Kinderbett,
du bist der Stolz deiner Eltern, jeda mog di gern:
"Also ihr Töchterl, so herzig und so adrett!"
Und scho vo klan auf hobms da ollas glernt,
wost amoi brauchn wiast im Lebm:
Du sollt der gute Geist im Hause sein
und immer sanft sein und nachgebm.
Du muaßt den Papa uman Finga wickln
und eam schmeichln, dann kannst ollas vo eam hobm,
oba wannst älta wiast und du söba sein wüst,
haßts: "Kind, was tust du deinem Vater an!"
Ah ...

Du bist die Freindin vo an klassn Burschn,
und seine Freind sollns olle sehn,
du muaßt die Feschte sein und an Busn hobm
und deafst nur auf eam allanich stehn.
Und dei Heaznsfreindin,
mit deast ollas teilt host,
die vagiß, weu jetzt gibst nua ihn,
und du muaßt imma an seiner Seite sein,
weu als Madl allan kannst niagends hin.
Und er hat auch schon seine Erfahrungen,
weu auskennan muaß si schließlich er,
oba du, wannst allzu leicht zu hobm bist,
bist a Schlampn und ordinär.
Ah ...

Du bist die Gattin vo an liabm Mann,
endlich ka Fräulein mehr,
sondern a richtige Frau.
Dei Vota hat di eam in Obhut gebm,
und in da Kirchn steckts eich die Ringerln an.
Er erhoit di jetzt, und du sorgst fia eam
und du gehst mit eam auf Schritt und Tritt.
Du bist Frau Doktor wordn oda Frau Chefin goa,
und wann er liab is,
hüft er a bisserl im Haushalt mit.
Ja der Mann, der ist der Kopf, der Mann,
der weiß, wie es soll gehen,
und die Frau, die ist der Hals, die Frau,
die weiß den Kopf zu drehen,
und hinter jedem berühmten Mann
steht eine große Frau - undsoweiter.
Und wannst amoi allan auf Urlaub foast,
oje dann hoit die Ehe gewiß nimma lang.
Ah ...

Ja und schließlich bist du schwanger wordn,
das glücklichste Ereignis kommt auf die zua,
denn endlich endlich wiast Mutter sein,
und a jeda gfreit si: es ist a Bua!
Und du tuast di opfern
und di söba aufgebm,
erst fürn Gattn und jetzt fürn Sohn.
Du sollst in eam dei Erfüllung findn:
sei Erfolg wird einst dein Lohn.
Oba waan net, wann da Abschied kommt,
wann er sei Freindin nimmt und geht,
weu grod, wann a Frau glaubt, ia Oabeit is tan,
... wird sie Großmutter!
Ah ...

Des ois, Frau, lassns di gern sein,
oba du bist no nie du söba wordn,
du söba, Frau, mit dein eigenem Lebm,
mit deina Freid und mit deinem Zorn,
mit oin, wost da denkst in deinem Kopf
und dem Gfühl, das dia im Herzn brennt,
mit dem Wind der Welt in deine Hoa
und der Kraft in deine Händ.
Und wenn du Mann und Kinder liebst,
so machns do net dei Lebm aus,
wei wiaklich lebm und glücklich sein
kannst du nua aus dia söbst heraus,
mit deiner Stimm, die schrein mecht,
mit deine Fiaß, die söba gehn,
mit deiner Seel, die fliagn kann,
mit deine Augn, die sehn.
Ah ...

© Claudia Mitscha-Eibl, A-2100 Korneuburg

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