Abschied vom himmlischen Vater

Im Himmel ist es still geworden,
durch das Schweigen dringt kein Wort.
Der dort war, ist er gestorben
oder ging er heimlich fort?
Irgendwann war er verschwunden,
alle Räume stehen leer.
Hab ihn lange nicht gefunden,
suche ihn nicht mehr.

Ist kein Richter, dessen Wille
Strafe mir und Lohn verhängt.
Kein Allmächtiger, der in Stille
unsrer Welt Geschicke lenkt.
Kein Allwissender, der alles
längst geplant und vorgesehn,
der im Falle eines Falles
eingreift ins Geschehn.

Ist kein Vater mehr dort oben,
der mein Schrein und Flehn erhört.
Auch kein Finger, streng erhoben,
und kein Arm, der Schutz gewährt.
Eine Mutter nie gewesen,
die mich tröstet, sanft und zart.
Keine Hand, die vor dem Bösen
meinen Schritt bewahrt.

Keiner, der Gesetze gäbe,
was ich lasse, was ich tu.
Muß entscheiden, wie ich lebe,
und keine Auge sieht mir zu.
Nur der Wind fährt durch die Räume
eines Himmels, leer und still,
fegt hinweg die Kindheitsträume
und weht, wo er will.

© Claudia Mitscha-Eibl, A-2100 Korneuburg

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